Einführung: Es folgt ein sehr ausführlicher Beitrag zu Gehaltsgesprächen in der Hörakustik. Bitte denkt daran, dass jede erfolgreiche Verhandlung einer äußerst gründlichen Vorbereitung bedarf. Eine Gehaltssteigerung begleitet Euch nicht nur einen Monat, sondern unter Umständen über mehrere Jahre. Da kommen schnell ein paar tausend Euro zusammen. Dafür lohnt die Vorbereitung bis ins Detail. Nachfolgend ein „paar“ Tipps.
Es ist eines der wichtigsten Themen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – auch in der Hörakustik Branche: Das Gehalt. Recht typisch ist die Situation, dass man bereits eine Zeit für ein Hörakustik Fachgeschäft arbeitet und irgendwann der Wunsch aufkommt, mehr zu verdienen. Sei es auf Grund steigender Mieten, anderer Ausgaben oder weil man selbst die Lebenshaltungskosten am Anfang des Berufslebens niedriger eingeschätzt hat. Das passiert insbesondere schnell, wenn man von zuhause ausgezogen ist und nun in einer neuen Stadt lebt.
Am Anfang stehen wichtige Fragen: Wieviel möchte ich genau verdienen? Wie spreche ich meinen Gehaltswunsch an? Interessiert sich der Arbeitgeber für meine Kostensituation und wie habe ich im Gespräch Erfolg? Es gibt sicherlich viele Strategien – wir möchten euch ein Modell vorstellen, das in 7 Phasen unterteilt ist.
1. Phase: Vorbereitung des Gehaltsgespräches
In der Vorbereitung auf das Gehaltsgespräch sind zwei Dinge wichtig. Erstens muss ich mir klar sein, wie hoch das eigene Wunschgehalt realistisch werden soll. Dieses sollte ich für die Verhandlung fest im Kopf haben. Zusätzlich gilt es, für sich eine absolute Untergrenze festzulegen und darüber nachzudenken, welche anderen Kompensationen attraktiv sind. Vielleicht bietet der Betrieb ja grundsätzlich Vergünstigungen an, die man noch nicht bekommt.
Zweitens muss ich mir überlegen, wie ich gegenüber dem Vorgesetzten begründen möchte, dass ich mein Wunschgehalt verdient habe. Diese Argumentation darf auf keinen Fall aus der eigenen Perspektive kommen (“ich brauche eine neue Waschmaschine, die Miete ist gestiegen etc.”), sondern muss sich auf die Zusammenarbeit und die Leistung beziehen. Das Wunschgehalt muss zwingend aus der betriebswirtschaftlichen Betrachtung argumentiert werden.
Hier einige Eckpunkte für die Argumentation:
- Wie lange arbeite ich schon in diesem Unternehmen und auf der aktuellen Position?
- Wie hat sich in dieser Zeit das Geschäft entwickelt – von wo zur aktuellen Situation?
- Welchen Anteil habe ich direkt messbar daran?
- Wie viele laufende Anpassungen oder Neukunden bearbeite ich im Schnitt?
- Hat sich der Anpasszeitraum verbessert und eventuell auch der Durchschnittspreis erhöht – bei guter bis sehr guter Kundenzufriedenheit und mit Weiterempfehlungen?
- Wie hat sich die eigene Verantwortung im Hörakustik Fachgeschäft entwickelt?
- Welche regionale Vernetzung habe ich vorzuweisen oder aufgebaut?
- Welche Zusatzqualifikationen habe ich erworben, die ich für den Betriebserfolg einsetzen kann?
- Habe ich Mitarbeiter erfolgreich eingearbeitet oder sogar einen Azubi durch die Prüfung gebracht?
- Wie ist der Zusammenhalt im Fachgeschäft und welchen Anteil habe ich an der Teambildung?
Dies sind viele Ansätze – aber ich sollte doch nur einige höchst relevante Punkte anbringen. Sonst erdrücke ich mein Gegenüber mit meiner Argumentation. Im Ergebnis könnte die Argumentation zum Beispiel so aussehen:
”Durch meine kontinuierliche professionelle und fokussierte Kundenbetreuung hat sich der durchschnittliche Anpasszeitraum in den letzten 2 Jahren um 3 Wochen reduziert. Darüber hinaus konnte ich die Bedarfsanalyse im Kundengespräch optimieren. Bei passender wirtschaftlicher Voraussetzung des Patienten erfolgt jetzt eine Beratung auf höherwertige Hörsysteme. Der Durchschnittspreis ist dadurch um 200 Euro pro Patient gestiegen.
Viele Neukunden kamen auf Grund von persönlichen Empfehlungen meiner Kunden – im letzten Monat alleine vier.
Durch meine Weiterbildung zur Pädakustikerin sprechen wir nun eine neue Patientenzielgruppe an und konnten uns gegenüber den HNO-Praxen mit einer neuen Kompetenz präsentieren. Diese führt im Moment nicht zu enorm vielen Neukunden, dennoch hat sich unser Ansehen verbessert. Das bekam ich in den letzten Tagen noch von der Sprechstundenhilfe mitgeteilt.
Die angeführten Argumente und Tatsachen bringen mich zu einer Wunscherhöhung meines Gehalts von 300 Euro pro Monat. Auch möchte ich mich gerne mit Ihnen in regelmäßigeren Abständen austauschen.”
Eine solche Argumentation zu erstellen ist etwas Arbeit. Aber eure Vorgesetzten werden diese zu schätzen wissen. Als Profis merken sie daran, dass sie unternehmerisch denkende Mitarbeiter haben. Sie werden Eure Vorbereitung und Analyse würdigen und froh sein, dass Ihr Euch gut verkaufen könnt. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass ihr die Unternehmensinteressen gegenüber Dritten sehr gut vertretet.
Der Beispieltext oben würde natürlich so wohl nie gesprochen werden – trotzdem lohnt es sich, etwas Vergleichbares einmal aufzuschreiben. Man baut dadurch ein Bild im Kopf auf und ist im Gespräch sicherer. Wichtigster Aspekt in der Argumentation: Deine Forderung ist ganz klar durch einen Leistungsbetrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Fachgeschäftes begründet.
2. Phase: Vereinbaren des Gesprächstermins
Bin ich mir über das Wunschgehalt, die Untergrenze und die Argumentation im Klaren, muss ich einen Gesprächstermin vereinbaren. Das Gehaltsgespräch ist wichtig und sollte deshalb nicht zwischen Tür und Angel geführt werden. Deshalb ist es notwendig, den Chef oder die Vorgesetzte um einen Gesprächstermin zu bitten. Wenn möglich suche ich mir dafür einen günstigen Zeitpunkt aus, beispielsweise kurz nachdem ich gelobt worden bin oder nachdem eine positive wirtschaftliche Entwicklung des Hörakustik Fachgeschäfts erkennbar geworden ist.
Welche Worte man exakt benutzt, um den Termin zu vereinbaren, hängt natürlich stark von dem Verhältnis ab, das man zur vorgesetzten Person hat. So kann man nach einem Termin zur “berufliche Entwicklung” ebenso fragen wie nach einem Gehaltsgespräch oder danach, ob er/sie einmal Zeit für 30 Minuten unter 4 Augen hat.
3. Phase: Einstieg in das Gehaltsgespräch in der Hörakustik
Nachdem sich beide gesetzt haben, ist es wie in jedem Gespräch sinnvoll, zunächst ein allgemeines Thema anzuschneiden. So können beide Parteien in die Situation hineinfinden und eine gemeinsame Ebene erreichen. Als Themen bieten sich das Wetter, das Wochenende oder auch der Verlauf des aktuellen Tages im Hörakustik Fachgeschäft an. Über Kollegen sollte man nicht sprechen, da sonst ein falscher Fokus entsteht. Nach kurzer Zeit sollte man auf das eigentliche Thema zusteuern. Es bietet sich an, hier die Initiative zu ergreifen und zu benennen, dass man ja zusammengekommen sei, um über das Gehalt und die bisherige berufliche Entwicklung zu sprechen. Dabei sollte man unbedingt selbstbewusst und klar formulieren. Aussagen wie “eigentlich ein schlechter Zeitpunkt” oder “ich weiß nicht, ob dafür Budget da ist” sind tabu. Sonst wird der vorgesetzten Person direkt eine Brücke gebaut, um den Gehaltswunsch abzulehnen!
4. Phase: Darstellung der eigenen Leistungen
Nun macht es Sinn, kurz die eigene Entwicklung darzustellen. Dabei handelt es sich um die Argumentation, die in der ersten Phase bereits zurechtgelegt wurde. Es geht darum, zu beschreiben, wie man zum Erfolg des Unternehmens beigetragen hat und was man in Zukunft noch alles tun möchte. Dabei sollte man natürlich nicht übertreiben – aber auch nicht zu bescheiden sein. Gerade in einer Gehaltsverhandlung ist Selbstbewusstsein wichtig, sonst hebelt man sich selbst aus.
Falls möglich, ist es hier ratsam, mit der vorgesetzten Person auf einen Nenner kommen. Wenn die Einschätzung der eigenen Leistung für das Unternehmen schon einmal gleich ist, wird es viel schwieriger, Gehaltsforderungen auszuhebeln.
5. Phase: Stellen der Gehaltsforderung
Egal, ob es um das Gehalt als Hörakustiker Meister/in oder um die Vergütung als Geselle/in geht – nun muss die Forderung für das Wunschgehalt auf den Tisch. Es sollte die Zahl genannt werden, die man sich vorab überlegt hat. Es ist wichtig, dass man selbst eine Gehaltsforderung nennt und dafür gibt es einen Grund. Psychologisch spricht man vom Anker-Effekt, den einige vielleicht aus Verkaufstrainings bereits kennen. Zur Bewertung eines Sachverhaltes sucht unser Gehirn immer nach Vergleichswerten. Wenn es diese nicht findet, dann wird die zuerst genannte Zahl der Bezugspunkt. Studien haben herausgefunden, dass man deshalb statistisch nachweisbar öfter nah an seinen Zielen liegt, wenn man selbst den Anfang macht. Ist die Gehaltsforderung erst einmal auf dem Tisch, wird die vorgesetzte Person mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sofort ja sagen – es geht in die Verhandlung.
6. Phase: Verhandeln des Hörakustiker Gehalt
Leitgedanke einer erfolgreichen Verhandlung ist es, seine Interessen zielstrebig zu verfolgen, ohne die des anderen aus dem Blick zu verlieren. Dafür geht man immer wieder auf die Argumentation zurück, die man sich in der ersten Phase zurechtgelegt hat. Im Kern darauf, dass man durch seine Arbeit das Beste für das Fachgeschäft erreichen möchte – aber dafür eben auch passend entlohnt werden sollte. Achtung: Der Gesprächspartner ist nicht als Gegner zu sehen und unnötige Aggressivität gilt es zu vermeiden. Des Weiteren gibt es einige Verhandlungstechniken, die einem bei der erfolgreichen Gesprächsführung helfen.
Aktiv zuhören: Es ist wichtig, der vorgesetzten Person genau zuzuhören, Rückfragen zu stellen und auch zwischen den Zeilen zu lesen. Dabei dürfen ruhig auch Teile der Antworten mit eigenen Worten wiederholt werden. Das zeigt Verständnis und trägt zu einem harmonischen Gesprächsverlauf bei. Ansonsten hilft das gezielte Nachfragen, die Führung im Gespräch zu behalten und es zu lenken.
Gesprächspausen: Viele Menschen können Stille schwer ertragen und versuchen diese direkt wieder mit Aussagen zu füllen. Dies ist in einer Gehaltsverhandlung ein Nachteil. Auch wenn zum Beispiel eine deutliche Gehaltsforderung für den anderen zunächst eine unbequeme Aussage ist – man sollte sich trauen, diese stehen zu lassen. Das zeigt Entschlossenheit und zwingt den anderen zu einer Reaktion.
Umgang mit Gegenargumenten: Sicherlich wird die Person, mit der die Verhandlung stattfindet, auch mit Argumenten kommen. Die konkreten Argumente kann man sich oft vorher vorstellen und zu einem Teil seiner eigenen Argumentation machen. Wenn zum Beispiel ein Gegenargument über das Budget wahrscheinlich ist, sagt man: “Ich weiß, dass für mein höheres Gehalt natürlich auch Budget da sein muss. Aber ich konnte im letzten Quartal bereits 10 Anpassungen mehr erreichen. Oft kommen jedoch auch sehr undefinierte Gegenargumente im Sinne von: “Ihre Leistung gibt noch kein höheres Gehalt her.” Dann sollte man dranbleiben und konkret nachfragen. Warum gibt sie noch kein höheres Gehalt her? Was sind die Kritikpunkte im Detail? Vielfach hat der Gesprächspartner dann Probleme, nachzulegen.
Flexibilität: Grundsätzlich ist es wichtig, in Verhandlungen nicht zu schnell einzuknicken und eine angemessene Kompromisslosigkeit an den Tag zu legen. Dazu kann auch gehören, dass es zu einer Vertagung auf ein weiteres Gespräch kommt. Ist jedoch wirklich keine Bewegung mehr in der Verhandlung, sollte ein Schwenk auf alternative Forderungen erfolgen. Beispielsweise, indem man anstatt mehr Grundgehalt einen höheren Bonus oder Vergünstigungen wie etwa keine Arbeit am Samstag fordert. Damit bleibt man bei seiner Haltung, dass die eigene Leistung mehr Wert ist – zeigt aber gleichzeitig den Willen zum Kompromiss. So gerät der andere in eine moralisch schwächere Position und wird sich in vielen Fällen dann ebenfalls bewegen.
Bei der Verhandlung nicht vergessen: Mit den Phasen 1-5 hast Du Dich selber sehr gut vorbereitet – eventuell sogar über mehrere Tage oder Wochen. Dein Gesprächsgegenüber hat diese Vorbereitungszeit nicht gehabt und hat mit hoher Wahrscheinlichkeit die Details nicht vor Augen. Also ist es auch mehr als fair, dass ihr die Fortsetzung des Gesprächs unter Umständen um ein paar Tage vertagt, wenn es ins Stocken gerät.
Die Abschlussfrage könnte beispielsweise lauten:
„Ich merke gerade, dass ich Sie mit den Details etwas überrumpelt habe. Natürlich verstehe ich, dass Sie sich darauf nicht ganz vorbereiten konnten. Ist es für Sie eine Lösung, dass Sie sich die Zahlen in den nächsten Tagen anschauen? Wenn es so ist, wie von mir dargelegt – steht meinem Wunsch dann nichts im Wege?“
Euer Gegenüber muss sich dann bekennen. Sehr versierte Vorgesetzte (oder diejenigen, welche unseren Blog lesen 😉) werden Euch sagen: “Guter Vorschlag, entscheiden möchte ich mich jetzt aber noch nicht. Aber wir werden das Gespräch sehr kurzfristig fortsetzten und sicherlich eine gute Lösung finden.”
7. Phase: Abschluss des Hörakustiker Gehaltsgespräches – direkt am selben Tag oder auch ein paar Tage später.
Wenn alles perfekt gelaufen ist, steht am Ende des Gespräches die Erfüllung der Forderung und damit das Wunschgehalt – oder zumindest ein Ergebnis, dass diesem nahekommt. Wichtig ist nun noch festzulegen, ab wann die Erhöhung in Kraft tritt. Am besten hält man alle vereinbarten Punkte anschließend schriftlich fest und geht sie gemeinsam nochmals durch.
Wenn die vorgesetzte Person darauf verweist, dass noch eine dritte Stelle – etwa die Personalabteilung – eine Freigabe erteilen muss, dann ist das nicht unbedingt eine Verhandlungstaktik. Gerade in mittleren und größeren Hörakustik Unternehmen sind die Entscheidungsstrukturen oft komplexer und man sollte Vertrauen haben, dass alles seinen geordneten Gang geht.
Und wenn kein Ergebnis erzielt werden konnte? Dann heißt es nicht verzagen! Im Prinzip bleiben zwei Optionen: Entweder man wechselt in einen anderen Hörakustiker Job oder vereinbart ein weiteres Gespräch – beispielsweise in drei Monaten. So wird der Druck aufrechterhalten und später dann hoffentlich ein besseres Ergebnis erzielt.
Soweit unsere Übersicht zu den Phasen einer Gehaltsverhandlung in der Hörakustik. Wie sicherlich deutlich geworden ist, handelt es sich um eine komplexe Materie, auf die viele Faktoren einwirken. Wenn ihr Unterstützung benötigt, meldet euch gerne – wir sind bereits seit zehn Jahren im Bereich der Hörakustik aktiv und kennen uns mit dem Thema Gehalt in der Branche genau aus.
Gerne geben wir Euch auch eine Einschätzung zum Verdienst persönlich oder über unseren Gehaltsnavi. In diesem haben wir Erfahrungswerte für euch hinterlegt.
André Lipka Geschäftsführer Hörakustikjobs GmbH und begeistert sich besonders für das genaue Abstimmen von Bewerberwünschen mit Arbeitgebervorstellungen. Er bloggt über Themen wie Hörakustik Gehalt und Konfliktlösung am Arbeitsplatz. Seine Freizeit verbringt André am Liebsten mit seiner Familie, erweitert seine Star Wars Figurensammlung oder dreht eine Runde auf seinem Longboard.
Über HörakustikJobs: Wir helfen kostenlos, Wunschstellen in der Hörakustik zu finden und helfen Dir auch bei der Verhandlung eines attraktiven Hörakustiker Gehalts.