Gastbeitrag von Dr. med. Uso Walter zum Thema Hörtrainings. Viele Hörakustiker werden diese Situation kennen: Nach der Anpassung eines Hörgerätes will sich die Zufriedenheit des Kunden mit der neuen Hörsituation nicht einstellen. Ein Hörtraining kann helfen, dass das Hörgerät am Ende nicht sogar in der sprichwörtlichen Schublade landet.
Warum ist ein Hörtraining begleitend zur Anpassung des Hörgerätes sinnvoll? Zunächst ist es hilfreich, sich den Prozess des Hörens ein weiteres Mal zu vergegenwärtigen. Auch wenn wir das Hören überwiegend mit den Ohren assoziieren und dieses Organ die akustischen Signale empfängt, so ist die Qualität der Verarbeitung der Signale im Gehirn doch ebenso entscheidend für den Prozess. Nimmt das Hörvermögen ab, so verringert sich auch die Fähigkeit zur Signalverarbeitung. Umgangssprachlich formuliert kommen die verantwortlichen Bereiche im Gehirn aus dem Training. Wird nun durch ein Hörgerät das Empfangen von akustischen Signalen wieder verstärkt, so ist die weitere Kette der Signalverarbeitung nicht automatisch direkt ebenfalls verbessert. Durch die Diskrepanz kommt es zu einer negativen Wahrnehmung des Hörerlebnisses mit dem neuen Hörgerät.
In dieser Situation kann ein Hörtraining Abhilfe schaffen. Mit diesem werden gezielt die Störgeräuschunterdrückung und die Spracherkennung geübt. Wir haben mit dem modularen Programm Audiemus ein Hörtraining entwickelt, dass durchgängig mit 3D-Sound arbeitet. Dieser vermittelt ein authentisches akustisches Umfeld, mit dem sich reale Hörsituationen im Sinne einer virtuellen Realität simulieren lassen.
Bei der Entwicklung des Audiemus Hörtrainings kam ein spezielles Kunstkopfmikrofon zum Einsatz, das einen vollständigen 360°-Hörraum aufzeichnet. Erstmals in einem Hörtraining kann so die Fähigkeit Störschall binaural zu filtern in einer dem Freifeld entsprechenden Simulation trainiert werden. Durch einen Dynamikumfang von 101dB(A) wird dabei ein realistisches Pegelverhältnis zwischen Nutz- und Störschall gewährleistet. Absolviert werden sollte das Hörtraining mit Kopfhörern, unter denen sich das Hörgerät problemlos tragen lässt.
Das Absolvieren des Hörtrainings wird dem Kunden leicht gemacht. Mit Hilfe einer DVD und eines Übungsbuch werden insgesamt 8 Module durchgearbeitet. Kurze Einführungsfilme vor jedem Modul erleichtern dabei den Einstieg in den folgenden Inhalt.
Zunächst geht es um Grundfunktionen des Hörens wie die Unterscheidung von Tonhöhen, Tonhöhenverläufen oder Lautstärkeunterschiede. Es folgen Module zum Verstehen von Sprache in Situationen mit Umgebungsgeräuschen, zum räumlichen Hören und zur Hyperakusis. Danach schließen sich Lektionen zum Verstehen mit Hörgeräten an, bevor eine Zusammenführung aller Module das Hörtraining abrundet.
Auch nach dem erfolgreichen Absolvieren aller Module wird empfohlen, das Hörtraining so oft wie gewünscht mit und ohne Hörsystem zu wiederholen. So lässt sich spielerisch das Hörvermögen neu erlernen und verbessern. Die Verstärkung des Hörgerätes wird optimal genutzt und es kommt zu einer noch nachhaltigeren Verbesserung der Lebensqualität. Die Gefahr der Schublade ist gebannt und das Hörgerät findet sich überwiegend dort, wo es hingehört: im Ohr.
Der Autor:
Dr. med. Uso Walter ist niedergelassener Hals-Nasen-Ohren Arzt in Duisburg und Vorstandsvorsitzender der HNOnet NRW eG. Der erfahrene Facharzt schreibt außerdem einen interessanten Blog und treibt als Gründer der mynoise GmbH die Entwicklung einer umfassenden Tinnitus-Therapie-Plattform voran. Das von Dr. Walter mitentwickelte Hörtraining Audiemus wird exklusiv von der Individual Akustiker GmbH vertrieben.